“La miccia si accorcia”

<107130123"/><107130122"> Sudamerica, Bolivia, energia Die Welt 05-06-09

<107130124"> ” La miccia si accorcia”

José Antonio Aruquipa

Ottobre 2003, caduta del presidente Gonzalo Sánchez de Lozada dopo la “guerra del gas” con 60 vittime, giuramento di Mesa.

Dopo prolungate proteste di piazza a La Paz e El Alto contro il governo, Mesa offre ora le proprie dimissioni e chiede elezioni anticipate, come già aveva fatto in marzo senza riuscire a fermare i conflitti e il boicottaggio in 7 delle 9 province della Bolivia.

Il capo indiano della federazione della Junta Fejuve di El Alto: «Chiediamo la nazionalizzazione delle riserve di gas, un’Assemblea costituente e la chiusura del parlamento. Non abbiamo chiesto le dimissioni di Mesa».

Mesa ha respinto la nazionalizzazione del gas già dall’inizio.

Evo Morales, famigerato capo dell’opposizione Movimento Al Socialismo ( Mas ), non vuole la nazionalizzazione, ma solo un’Assemblea costituente, oltre a una riforma della legislazione sul gas che accresca i doveri delle multinazionali.

Queste richieste sono respinte dagli interessi organizzati della provincia di Santa Cruz, che da mesi minaccia la secessione. Il presidente della potente Camera di commercio di Santa Cruz, Oscar Ortiz, ricorda che il movimento di Morales rappresenta solo una minoranza.

Il presidente del parlamento, Hormando Vaca Díez, probabile presidente ad interim dopo l’uscita di Mesa, minaccia di non tollerare più le proteste al di fuori del quadro legale; l’ex capo dell’esercito Alvin Anya mette in guardia da una nuova escalation della guerra del gas: «La dinamite aumenta ogni giorno, mentre la miccia si accorcia».

Oltre il 70% della popolazione boliviana non ha accesso al rifornimento di gas; il 90% vive in estrema povertà. Die Welt 05-06-09

<106535218"> “Die Zündschnur wird kürzer”

In Bolivien droht ein “Gaskrieg” – Streit um Rücktritt von Präsident Mesa

von José Antonio Aruquipa

Nicht nur Boliviens Minenarbeiter legen derzeit La Paz lahm. Die Demonstranten fordern, den Energiesektor des Landes zu verstaatlichen.

La Paz – Drei Tage nachdem Präsident Carlos Mesa den Amtseid abgelegt hatte, besuchte er im Oktober 2003 eine Versammlung von Bauern und Arbeitern. Man feierte den Sturz von Mesas Vorgänger de Lozada. Ein Sturz, der als “Gaskrieg” in Boliviens Geschichte eingegangen war und mehr als 60 Menschen das Leben gekostet hatte. Die Anführer des Aufstandes standen neben Präsident Mesa, als dieser zum Mikrofon griff, um den Aufständischen Respekt für ihre Forderungen zu versprechen: “Aber ich weiß auch”, so Mesa, “daß Sie mich mit einem Tritt in den Hintern aus dem Amt werfen werden, wenn ich selbst eines Tages um Ihre Hilfe bitten muß.”

Ein Jahr und sieben Monate später haben ihn die Rebellen beim Wort genommen. Nach tagelangen Straßenprotesten in La Paz und der Nachbarstadt El Alto gegen die Regierung bot Mesa nun seinen Rücktritt an und forderte vorgezogene Wahlen. “Der einzige Ausweg für Bolivien ist ein sofortiger Wahlprozeß”, erklärte Mesa am Mittwoch in La Paz in einer “Botschaft an die Nation”. Die Forderung wie sein Angebot treffen auf Skepsis. Der Präsident hatte bereits im März seinen Abgang und Neuwahlen versprochen, konnte aber schon damals die Welle der Konflikte und Boykotts in sieben von neuen Provinzen Boliviens nicht brechen.

“Unsere Forderungen sind die Verstaatlichung der Erdgasvorkommen, die Einrichtung einer verfassunggebenden Versammlung und die Schließung des Parlaments”, verkündete am Montag Abel Mamani, Indio-Führer der Junta-Föderation Fejuve in El Alto. “Den Rücktritt von Carlos Mesa haben wir hingegen nicht gefordert. Darum geht der Streik weiter.” Streik und Straßenblockaden in der Stadt, die auf dem Hochplateau über La Paz liegt, haben für dramatische Versorgungsengpässe am Regierungssitz gesorgt.

José Luis Paredes, Bürgermeister von El Alto, warnte auch in seiner Stadt – der Wiege der Unruhen – vor einem Kollaps der Versorgung und des Gesundheitssystems. “Wir stehen am Rande des Zusammenbruchs, g, um die Krankenhäuser versorgen zu können”, so sein verzweifelter Fernsehappell an die Anführer des Aufstands. Die Antwort von Rebellenführer Mamani folgte prompt: “Wir wissen, daß dies harte Maßnahmen sind. Aber die Bürger müssen verstehen, daß wir hier für unsere Kinder und Enkel kämpfen!”

Bolivien ist auf dem lateinamerikanischen Kontinent mit 50 Milliarden Kubikmetern Erdgas das Land mit den zweitgrößten Vorkommen nach Venezuela. Diese natürlichen Ressourcen werden derzeit von 15 multinationalen Unternehmen abgebaut – und sollen, so der Wille der Aufständischen, in die Hand des bolivianischen Staats zurückkommen.

Sebstián Conde steht an diesem Tag auf einer Zufahrtsstraße von El Alto und überwacht die Barrikaden. Für die “nicht verhandelbare” Forderung einer Gasverstaatlichung setzt er sogar die Gesundheit des Liebsten, das er besitzt, aufs Spiel: “Meine Frau ist nierenkrank und muß täglich an die Dialyse”, erzählt er. “Wegen der Blockaden können wir jetzt nur zu Fuß ins Krankenhaus kommen. Aber wir wissen beide, daß dieses Opfer es wert ist.”

Mehr als 70 Prozent der Landbevölkerung haben neuen Untersuchungen zufolge keinen Zugang zur Gasversorgung und sind auf Holz angewiesen. 90 Prozent dieser Menschen leben in extremer Armut. Darum wird nach Meinung von Celestina Tintaya, eine 43jährige Mutter von sieben Kindern, “das Gas dafür sorgen, daß wir nicht mehr arm sein werden”. “Wir wollen auch wie Menschen leben”, sagt sie mit Nachdruck.

Präsident Mesa hat die Verstaatlichung des Erdgases von Beginn an abgelehnt und die Aufständischen aufgefordert, ihre Wünsche “im Rahmen der Verfassung auszudrücken”, um das Gasgesetz, das kürzlich im Parlament erlassen wurde, modifizieren zu können. Folgt man dem Gesetz, müssen die Unternehmen nun 50 Prozent der Abgaben auf den Gasabbau zahlen und dürfen neue Verträge nur innerhalb der nächsten sechs Monate abschließen.

Evo Morales, berüchtigter Oppositionschef des Movimiento Al Socialismo (Mas), ist ebenfalls gegen die Verstaatlichung. “Ich habe von der Erfahrung Kubas gelernt, daß wir die Unternehmen brauchen”, so Morales. Er konzentriert seine Proteste nun vielmehr auf die Ausrufung einer verfassunggebenden Versammlung, “um Bolivien von Grund auf zu erneuern”. Morales will zudem eine Reform des Gasgesetzes, um die Verpflichtungen der multinationalen Konzerne zu vergrößern.

Doch diese Forderungen weist insbesondere die Provinz Santa Cruz zurück, die bereits seit Monaten mit der Abspaltung droht . “Obwohl Morales nun schon den Sturz des zweiten Präsidenten auf dem Gewissen hat, vertritt er nur eine Minderheit. Auch er muß akzeptieren, daß wir in einer Demokratie leben”, so der Kommentar des Präsidenten der mächtigen Handelskammer von Santa Cruz, Oscar Ortiz.

Hormando Vaca Díez, Parlamentspräsident und wahrscheinlicher Interimspräsident nach
dem Abgang Mesas, mahnt die Bevölkerung unterdessen zur Zurückhaltung. Zugleich droht er, Proteste außerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht weiter zu tolerieren.
Auch der ehemalige Armeechef Alvin Anaya warnte vor einer neuen Eskalation des Gaskriegs: “Das Dynamit wird jeden Tag mehr – und die Zündschnur immer kürzer.”

A. d. Span. v. Stefanie Bolzen

Artikel erschienen am Do, 9. Juni 2005 © WELT.de 1995 – 2005

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