India, società, classi Faz 06-05-17
India – Si inasprisce la disputa sul sistema delle
caste
Progetto del governo indiano di ampliamento della quota dei
posti nella facoltà di medicina riservati alle caste inferiori.
Gli oppositori all’aumento delle quote riservate – studenti
delle caste superiori e degli ambienti e economici (meglio una selezione
meritocratica) – sostengono che si tratta di un progetto
populistico, mirato a raccogliere un numero consistente di voti di questi strati
contendendolo alla sinistra, che è riuscita a rafforzarsi in 5 elezioni
regionali; sarebbe preferibile allargare la possibilità formativa alla popolazione
delle campagne. Contrari anche i ministri alla Cultura e al Commercio
Brutale repressione poliziesca delle manifestazioni di
protesta a Delhi e Bombay, seguita da scioperi della fame.
Le caste inferiori rappresentano circa la metà dell’oltre 1
MD di indiani; tra le caste inferiori si è formato uno strato di proprietari, sarebbero
proprio costoro, già in grado di mandare i figli all’università, a fruire delle
nuove quote.
Ai senza casta (Dalit), alle caste inferiori e alle
minoranze sono già riservati il 22,5% di tutti i posti universitari e delle
scuole superiori statali; la proposta governativa aggiungerebbe un’ulteriore
quota del 27,5%.
Le 3 caste superiori rappresentano circa 1/5 della
popolazione indiana, e occupano ¾ di tutti i posti nei nuovi settori economici,
come la tecnologia informatica.
In India ci sono oltre 10 000 concorrenti per ogni posto presso le
università di punta.
Faz 06-05-17
Indien – Streit
um das Kastensystem eskaliert
Medizinstudenten
protestieren gegen die Pläne der Regierung
17. Mai 2006
Der Streit um
das Kastenwesen in Indien nimmt an Schärfe zu.
–
Zu den Medizinstudenten, die landesweit gegen die
Reservierung von Studienplätzen für niedrigere Kasten demonstrieren, gesellen
sich nun auch andere Fakultäten. Auch
in Wirtschaftskreisen, wo die Kastenproblematik
offiziell gern negiert wird, regt
sich zunehmend Widerstand gegen die Regierungspläne.
Neu-Delhi will die Hälfte der in Indien heiß umkämpften
Studienplätze für niedrige
Kasten freihalten. Nachdem die
Polizei in Delhi und Bombay in den vergangenen Tagen Proteste der
Nachwuchsmediziner brutal auseinandergetrieben hatte, traten einige in
den Hungerstreik. Aufgrund des Ausstandes einer wachsenden Zahl von Ärzten bilden sich lange Schlangen
vor mehr und mehr Krankenhäusern.
Bessere
Bildungschancen
–
Nach
den Plänen von Bildungsminister Arjun Singh bleiben damit Kindern der höheren Kasten, die das
Bildungsbürgertum bilden, mit 50 Prozent der Hochschulplätze viel zuwenig
Ausbildungsmöglichkeiten.
–
Schon jetzt werden für Kastenlose (Dalit), Angehörige
niederer Kasten und ethnische Minderheiten 22,5 Prozent aller Plätze in den Hörsälen der Spitzenuniversitäten und staatlichen
Hochschulen freigehalten. Künftig
sollen weitere 27,5 Prozent für sie blockiert werden. „Wir untersuchen
sehr ernsthaft, die Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für schwächere
Bereiche der Gesellschaft zu stärken“, kündigte Ministerpräsident Manmohan
Singh an.
Niemand in
Indien bezweifelt, daß die Angehörigen niederer Kasten bessere Bildungschancen brauchen, zumal
–
sie mehr als die Hälfte der gut eine Milliarde Inder
ausmachen. Gerade auf
dem Lande sind sie bis heute unterdrückt, von Chancengleichheit sind sie
weit entfernt.
–
Mitglieder der drei höchsten Kasten, denen etwa ein Fünftel
der Bevölkerung angehört, besetzen rund drei Viertel aller Stellen in neuen
Wirtschaftszweigen wie der Informationstechnologie.
Nutznießer
wären Begüterte
Die Frage aber
lautet, ob eine Änderung der
Zustände in Form positiver Quoten erreicht werden kann – und dazu auf Kosten
von Indiens Bildungseliten. Denn sie würden durch eine Begrenzung der Studienplätze vermehrt ins
Ausland geschickt – sofern die Familien dies bezahlen können. Zudem
führen die Gegner zu Recht ins Feld, daß dank der wachsenden Durchlässigkeit der Gesellschaft und
des wirtschaftlichen Aufschwungs längst nicht mehr jede Familie der unteren
Kasten finanziell bedürftig sei, sie also keine Quoten brauche, sondern
aus eigener Kraft die notwendige Bildung erwerben könne.
Zugleich wird
gemutmaßt, daß wirklich Bedürftige von der Quote keinesfalls profitierten: Nutznießer wären ebenjene Begüterten
niederer Kasten, die es sich leisten könnten, Kinder auf Hochschulen zu schicken.
Statt die Quoten auszuweiten,
sollte die Regierung lieber eine breitangelegte Bildungsoffensive für die Landbevölkerung in
Gang setzen.
–
Der Singh-Plan sei populistisch, argumentieren die Gegner,
da niedere Kasten eine Vielzahl von Wählerstimmen brächten, und er sei ausgerichtet am
Anspruch der Linksparteien, die gerade ihre Position in fünf Landtagswahlen
stärken konnten.
10.000
Bewerbungen auf einen Platz
Azim Premji, Chairman des SoftwareHauses Wipro,
wird zum Fürsprecher der Gegner einer Staatsintervention: „Mein Unternehmen
verfolgt den Ansatz, Menschen aufgrund ihres Könnens einzustellen“, sagte er provokativ. Auch von Handelsminister Kamal Nath
und Wissenschaftsminister Kapil Sibal ist bekannt, daß sie eine Quotenerhöhung
ablehnen. Sibal hatte am Rande der Hannover Messe gesagt, höhere Quoten
würden Indiens weltweite Wettbewerbskraft schwächen.
–
Hintergrund des Streits ist ein dramatischer Mangel an
Bildungsmöglichkeiten und Studienplätzen in der zweitgrößten Nation der Erde. Auf einen
Hochschulplatz an einer Spitzenuniversität können weit mehr als 10.000
Bewerbungen kommen. Angesichts dieser Knappheit brauchen schon indische
Schüler viel Geld, um dank Nachhilfe und Sonderunterricht überhaupt die verlangten
Leistungen bringen zu können.
Text: che.,
F.A.Z., 17.05.2006, Nr. 114 / Seite 15
Bildmaterial: AP, picture-alliance/
dpa/dpaweb, REUTERS