Il nuovo proletariato della Germania

Germania, Mercato lavoro

Il nuovo proletariato della Germania

Flora Wisdorff

Il ministro tedesco del
lavoro (SPD), Franz Müntefering, ha annunciato la scorsa settimana che sarà sperimentata
l’introduzione di un salario minimo per i dipendenti delle imprese di pulizia e
per il settore a tempo parziale; in autunno presenterà un progetto complessivo
per il settore a basso salario.

Vi è ormai un consenso
trasversale ai partiti sulla necessità di rivolgersi al settore a basso salario
per diminuire la disoccupazione, ma la
discussione verte sulla necessità di evitare che in tal modo si
costituisca in Germania un nuovo proletariato
che non riceve un salario sufficiente per sopravvivere
.

– Una delle soluzioni proposte è il salario minimo di €7,50, i partiti dell’Unoin paventano licenziamenti
di massa;
secondo uno studio dovrebbero essere aumentati i salari di 4,6mn. di lavoratori,
che costerebbe alle imprese fino a €12MD, e toccherebbe soprattutto le piccole
.

– Il settore a bassi salari tedesco cresce anche senza incentivi
politici, ha raggiunto il 22% di tutti gli attivi tedeschi. In seguito alle modificazioni
della struttura economica molti posti di lavoro dell’industria che richiedono una
bassa qualifica sono da tempo divenuti posti di lavoro a basso salario; già ora
il salario non basta per vivere ai dipendenti di call center o dei servizi di vigilanza
(€4,40/h lordi), alberghiero, etc; la soglia ufficiale è del €9,50/h.

In Germania Est la soglia di
povertà è ufficialmente di €1296 lordi, pari a 2/3 del reddito medio lordo. Secondo
L’Istituto tedesco di ricerca economica (DIW) oltre la metà di coloro che
percepiscono un salario basso vive con altri che guadagnano di più. I sussidi
statali per i bassi salari vengono assegnati solo per i lavoratori che vivono
soli.

Circa 900 000 persone
hanno diritto in base alla Hartz IV a questo sussidio, e sono definiti
ufficialmente i poveri che lavorano della Germania..

Cresce anche in Germania il numero di coloro
costretti a svolgere più lavori, come in GB e USA, dove rispetto alla Germania il
numero dei disoccupati è minore, e maggiore quello dei bassi salari.
Die Welt 06-09-20

Deutschlands
neues Proletariat

Der
Niedriglohnsektor der Bundesrepublik wächst auch ohne politische Förderung. Vor
allem durch den Strukturwandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft reicht
Wachmännern oder Callcenteragenten schon jetzt das Geld kaum zum Leben. Das
kann Jobs schaffen – und aufhalten lässt es sich nicht. Aber das Land muss entscheiden,
wie es damit umgeht.

von Flora Wisdorff

Für 4,40 Euro pro Stunde ist Heiko Boikat erstaunlich enthusiastisch. Kurz
vor seinem Dienstantritt um elf Uhr abends erklärt der Wachmann routiniert und gewissenhaft, was er auf seinen Rundgängen
durch das Bürogebäude in Weimar zu tun hat. Jede Sicherheitstür wird er von
innen checken, und den Server im Keller mit den wichtigen Daten wird er
kontrollieren. "Das muss alles überwacht werden, schließlich kann man mit
den Daten viel Unfug treiben."

Zwischen den
Rundgängen wird der 38-Jährige jeweils zwei Stunden an der Rezeption sitzen und
die Außenkameras kontrollieren. Zur Lektüre hat er sich zwei Bücher
mitgebracht: "Die Deutschland-Mafia", ein Bericht über Korruption in
Politik und Unternehmen. Und das "Schwarzbuch" der
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. In der Publikation werden Unternehmen
entlarvt, die ihre Angestellten zu schlecht bezahlen.

Auch Boikat hat
damit ein Problem. Der Wachmann geht gern arbeiten. Aber wenn seine Schicht
morgens um sieben endet, hat er nur
35,20 Euro verdient. Brutto
. Damit gehört Heiko Boikat zu den 22 Prozent der deutschen Erwerbstätigen, die
für einen Niedriglohn arbeiten.
Offiziell
liegt die Schwelle dafür bei 9,50 Euro pro Stunde.

Lange Zeit war das
Phänomen der "McJobs" vor allem den USA und Großbritannien bekannt. Berichte
über Menschen, die auch mit drei
unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen kaum überleben können
, machten das
angelsächsische Modell in Deutschland extrem unpopulär. Aber auch hierzulande wächst die Zahl solcher Stellen. Das hat
auch die Politik erkannt.

Vergangene Woche
etwa verkündete Arbeitsminister Franz
Müntefering (SPD), nicht nur bei den Gebäudereinigern, sondern auch in der
Zeitarbeitsbranche die Einführung eines Mindestlohns zu prüfen
. Der
Minister will im Herbst ein Gesamtkonzept zum Niedriglohnsektor vorlegen. Am
Mittwoch wird das schon einmal in der Kabinettssitzung besprochen. Aber fest steht
eigentlich schon jetzt, dass Deutschland die Billigjobs nicht los wird. "Der
Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft bringt das mit sich", sagt
Alexander Spermann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Dieser Wandel war
für Wachmann Heiko Boikat bisher nicht sehr vorteilhaft. Vor der Wende hat sein
Arbeitsleben noch vielversprechend angefangen. Ein Orthopädieunternehmen
bildete ihn zum Facharbeiter aus. Anschließend verdiente er mit der
Plastenbeschichtung von Krücken von 1985 bis 1987 "richtig gut".

Nach der
Wiedervereinigung machte das Unternehmen vorübergehend zu, und Boikat ging in
eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. 1994 startete er dann eine Weiterbildung zum
Fernfahrer. Das funktionierte vier Jahre, bis der Chef "die Firma versoff".
Seitdem arbeitet Boikat nun schon acht Jahre lang als Wachmann. In der dünn
gesäten Industrie seiner Gegend findet er einfach keine Arbeit.

Es sind vor allem der
technische Fortschritt und die Globalisierung, die diese Entwicklung fördern. Viele
der Industriejobs, für die wenig Qualifikation nötig ist, sind längst in
Billiglohnländer gewandert
. In den einstigen
Industrieländern, die sich zur Dienstleistungsgesellschaften wandeln, wächst
die Lohnspreizung. Das heißt: Die gut
Qualifizierten verdienen mehr, weil die Nachfrage nach ihnen steigt. Die
schlecht Ausgebildeten dagegen verdienen weniger, weil die internationale
Konkurrenz größer geworden ist.
Boikat wurde zwar als Dreher ausgebildet.
Für den Einsatz an computergesteuerten CNC-Maschinen bräuchte er aber eine neue
Qualifikation.

Weil er die nicht
hat, muss er als Wachmann mit extrem wenig Geld auskommen. Im Juni verdiente
Boikat 923 Euro brutto, Vollzeit, davon blieben 748 Euro netto zum Leben. Davon
gehen bei dem Pendler 300 Euro für Benzin drauf. Mit Reparaturen, Versicherung
und Winterreifen bleiben ihm noch um die 150 Euro. "Für das Alter
vorsorgen kann ich damit nicht", sagt Boikat. Ausgehen oder Urlaub kann er
sich auch nicht leisten.

Arm ist er per Definition trotzdem nicht. In Ostdeutschland liegt die Armutsgrenze
zwar bei 1296 Euro brutto, das sind zwei Drittel des mittleren Bruttogehalts
. Aber Armut hängt
davon ab, was ein Haushalt zur Verfügung hat. Und Boikat wohnt mietfrei bei
seinen Eltern, die Rente beziehen.

Das ist typisch für
diejenigen, die für Billiglöhne arbeiten. Laut
einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) lebt mehr
als die Hälfte dieser Niedriglöhner mit anderen Menschen zusammen
, die mehr
verdienen. Erst wenn sie Alleinverdiener sind, steigt das Armutsrisiko stark.

Wenn er wollte,
könnte Heiko Boikat sich auch anstelle vom Elternhaus vom Staat abhängig
machen. Mit seinem niedrigen Gehalt würde
er beim nächsten Jobcenter Lohnzuschüsse bekommen. Allerdings nur, wenn er
alleine leben würde
. Solange er bei den Eltern wohnt, gilt er nicht als
bedürftig.

Rund 900 000 Menschen allerdings
nehmen diesen Zuschuss im Rahmen der Hartz-IV-Grundsicherung in Anspruch. Sie
sind die offiziellen "working poor" Deutschlands.

Boikat zieht auch
mit 38 Jahren noch die Familie dem Staat vor. Glücklich ist er damit nicht. Die
finanzielle Abhängigkeit nimmt ihm die unabhängige Zukunftsperspektive. Es ist
nicht der Job als Wachmann, der ihn stört, sondern die fehlende Aussicht auf
ein selbstständiges Leben. "Ich kann mir einfach keine Zukunft mit dieser
Bezahlung vorstellen", sagt er.

Auch die Gründung
einer Familie scheint ihm unerreichbar. Kinder seien doch teuer, sagt er. Als
er bei dem Wachdienst anfing, war er noch voller Hoffnung. "Daraus wird
sich dann etwas Besseres ergeben", hatte er gedacht. Aufsteigen kann man
in seiner Firma nicht. Er sieht nur eine Möglichkeit für seine Zukunft: einen
anderen Job, einen mit mehr Lohn.

Gut sind die Aussichten dafür nicht. Denn es
wird künftig vor allem neue Jobs in genau dem Bereich geben, in dem Boikat
schon arbeitet, im Niedriglohnbereich.

– Zwar entstehen
im Dienstleistungssektor auch Jobs für hoch Qualifizierte, wie etwa bei
Service-Leistungen für Unternehmen
. Der Löwenanteil
aber geht an Gebäudereiniger, Callcenteragenten oder auch das Gastgewerbe. "Ich
sehe Potenzial für Millionen neuer Arbeitsplätze", sagt Hilmar Schneider
vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA).

Diese Jobs sind aber
schlecht bezahlt, weil sie nicht "kapitalintensiv" sind, ganz im
Gegenteil zu den Industriejobs, bei denen die niedrig Qualifizierten oft an
Maschinen standen. Wenn sie ohne teure
Maschinen arbeiten, gibt es wenig Spielraum bei der Produktivität der
Arbeitnehmer. Die Löhne sind entsprechend geringer
.

In den USA und in
Großbritannien ist diese Entwicklung schon viel weiter fortgeschritten. Denn dort gab es weniger Widerstände in
Form von Gewerkschaften oder Regulierungen, die den Sturz der Löhne gebremst
hätten
. Es gibt in diesen Ländern zwar weniger Arbeitslose als in
Deutschland, dafür arbeiten mehr Menschen zu Niedriglöhnen.

Darin sehen viele die
Chance, auch in Deutschland die Arbeitslosigkeit abzubauen. Der
Niedriglohnsektor soll es richten, ist fast schon parteiübergreifender Konsens.
Die Frage, um die sich die politische Diskussion dreht, ist
allerdings sozialpolitischer Natur. Es
geht darum, zu verhindern, dass in Deutschland auf diesem Wege ein neues
Proletariat entsteht. Und zwar aus denjenigen, die zwar arbeiten, aber dennoch
nicht genug zum Leben haben.

Verdi-Mitglied Heiko Boikat hat die Lösung des Problems parat. Es ist der Mindestlohn von 7,50 Euro. Seine ganze Energie steckt er in den
Kampf für dieses Ziel. So oft wie möglich geht er dafür auch in seiner seltenen
Freizeit im Tageslicht auf die Straße. "Das ist doch Lohndumping, warum
soll ich nicht ein paar Euro mehr bekommen", sagt er und deutet auf die
Schlagzeile der "Thüringer Allgemeinen" zu den Stromkonzernen:
"Höhere Gewinne – höhere Preise". "Das ist doch absurd",
sagt er.

In der Politik ist das Thema Mindestlohn
Sprengstoff. Vor allem die Unionsparteien befürchten, dass die Unternehmen dann
massenweise Jobs streichen werden.
Davon geht auch Alexander Spermann vom ZEW aus. Sicher ist, dass es teuer
wird, pro Stunde 7,50 Euro vorzuschreiben. Einer
Studie des Instituts für Arbeit und Technik zufolge müssten die Löhne von 4,6
Millionen Beschäftigten angehoben werden.
Die Firmen würde das bis zu zwölf Milliarden Euro kosten, vor allem
kleinere Unternehmen wären betroffen
.

Für Heiko Boikat
jedenfalls ist es wichtig, überhaupt einen Job zu haben. Lieber arbeitet er
Vollzeit, um am Ende 150 Euro übrig zu haben, als ganz von Eltern oder Staat
abhängig zu sein. "Lieber Niedriglohn als gar kein Lohn." Hätte er
andere Arbeitszeiten, würde er sich sogar noch einen Zweitjob besorgen. Als Zeitungsausträger.

Artikel erschienen
am 20. August 2006 © WAMS.de 1995 – 2006

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