Giunti nella realtà

Germania, sindacato, mercato lavoro, contratto Die Welt 05-10-22

"Giunti nella realtà"
Philipp Neumann
Il
segretario Ig-Metall Jürgen Peters ha aperto al doppio livello di
contrattazione: ha proposto venga definito con accordi tra impresa e
maestranze l’ammontare della gratifica natalizia, attualmente pari al
55% del salario mensile (potrebbe oscillare da 0 a 3 volte), anziché
nel contratto nazionale.

La proposta attuale
del sindacato è chiamata “contrattualmente attivo”, ed è già in
funzione ad esempio nel Nord-Reno-Wesfalia, dove IG-Metall fa un lavoro
sistematico tra la base nelle aziende, dove finora non vi era un alto
livello di organizzazione, per alzarlo e poter contrattare a livello
aziendale.
La proposta è stata fatta al congresso sul contratto nazionale, Peters ha rimarcato l’aumento
in alcune regioni e settori di rapporti di lavoro privi del contratto
nazionale e dei regolamenti in deroga dal contratto nazionale
.
In sintesi sarebbe un contratto base differenziato con maggiori possibilità di determinazione per le imprese, una svolta di 180 gradi.
Il segretario di IG-Metall della Bassa Sassonia è favorevole ai due livelli contrattuali, quello nazionale e quello aziendale.
Le imprese da tempo stanno cercando di sfuggire al contratto nazionale
per ridurre il salario e il costo del lavoro e contrattano con
dipendenti e C.d.F. su gratifiche natalizie e indennità ferie e
prolungamento dell’orario.
Il sindacato ha assunto intanto le deroghe al contratto nazionale in contratti complementari.

Die Welt 05-10-22

"In der Wirklichkeit angekommen"
IG-Metall-Chef Peters überrascht auf dem Tarifkongreß mit offenen Worten und neuen Vorschlägen
von Philipp Neumann
Mannheim
– Das Wort Flächentarifvertrag sollte den Funktionären der IG Metall
eigentlich schon wegen ihres Amtes leicht über die Lippen gehen. Nach
der Rede von Jürgen Peters aber können sie es wirklich im Schlaf:
Binnen einer Stunde spricht der IG-Metall-Chef auf der tarifpolitischen
Konferenz der Gewerkschaft gleich 33 mal vom Flächentarifvertrag.
"Die
abweichende Regelung vom Flächentarifvertrag muß die Ausnahme bleiben",
sagt Peters zum Beispiel und markiert damit die Strategie für die
nächstes Jahr anstehenden Tarifverhandlungen: Auch in Zukunft soll für
alle Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie ein einheitliches
Rahmenwerk gelten, das mehr als nur Bezahlung und Arbeitszeit regelt.
Das ist nicht weiter überraschend
Was Peters allerdings auch sagt, und was dann doch aufhorchen läßt, ist: "In einigen Regionen und Branchen haben wir zunehmend weiße Flächen auf der Landkarte der Tarifbindung." Und: "Die Zahl der abweichenden Regelungen vom Tarifvertrag steigt."
Das sind, so versichern Teilnehmer der Konferenz, neue Worte. In dieser
Offenheit haben sie ihren Vorsitzenden noch nie über den Zustand des
Flächentarifs sprechen gehört.
Noch größer ist die Verwunderung, als Peters
zum Schluß noch vorschlägt, daß in der kommenden Tarifrunde für das
Weihnachtsgeld nicht mehr ein fixer Wert innerhalb des
Flächentarifvertrags gelten soll – derzeit 55 Prozent eines
Monatslohnes, sondern eine Spannbreite. Zwischen null und dem
Dreifachen, so eine Idee, wäre dann alles möglich. Darüber verhandeln
sollen die Unternehmen mit ihrer Belegschaft.
Ein
differenzierter Flächentarifvertrag mit mehr Gestaltungsmöglichkeiten
für die Betriebe – mit dieser Botschaft habe Peters seine Position "um
180 Grad" gedreht, sagt ein Bezirksleiter. "Die IG Metall ist in der
Wirklichkeit angekommen."
Lange Zeit hatte
die Organisation gestritten, wie flexibel der Flächentarif werden
sollte. Ob abweichende Regelungen innerhalb des Vertrags möglich sein
oder ob die Abweichungen in Extra-Verträgen geregelt werden sollen. Hartmut
Meine, Leiter des IG-Metall-Bezirks Niedersachsen, faßt die Lösung
zusammen: "Wir brauchen zwei Ebenen in der Tarifpolitik: den Betrieb
und die Fläche."
Die Diskussion ist keine akademische.
Immer öfter versuchen Unternehmen, dem Flächentarifvertrag zu
entkommen. Das Ziel: Lohn- und Arbeitskosten sollen sinken. Sie
feilschen mit ihrer Belegschaft und dem Betriebsrat um Weihnachts- und
Urlaubsgeld und um längere Arbeitszeiten. Inzwischen ist es der IG
Metall mit dem Pforzheimer Tarifabschluß zwar gelungen, diese
Abweichungen von der Norm in Ergänzungstarifverträge und damit in
geordnete Bahnen zu lenken.
Oft genug lassen sich Betriebsräte
aber dennoch auf zum Teil hohe Lohnsenkungen ein, weil sie sich nicht
anders zu helfen wissen, weil sonst Arbeitsplätze wegfallen oder ins
Ausland verlegt werden.
Die Lösung, die die
Gewerkschaft nun gefunden hat, trägt den schönen Namen "Tarif aktiv"
und funktioniert zum Beispiel schon in Nordrhein-Westfalen.
Dort
macht die IG Metall systematische Basisarbeit in den Betrieben, in
denen der Organisationsgrad bisher nicht groß war. "Wir müssen die
Konfliktfähigkeit in den Betrieben erhöhen",
sagen die
NRW-Metaller. Arbeitgeber, die etwa die Wochenarbeitszeit erhöhen
wollen, bekommen es dann mit einer betrieblichen Tarifkommission zu
tun, die Auskunft über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verlangt.

Und sie bekommen es mit der Gewerkschaft zu tun, die in der Belegschaft offensiv um Mitglieder wirbt. Mit
einem hohen Organisationsgrad im Rücken kann sie dann die Arbeitgeber
zwingen, schlechtere Arbeitsbedingungen zumindest mit einem tragfähigen
Konzept für Investitionen und Produktinnovationen aufzuwiegen.

"Der
Erhalt und die Weiterentwicklung des Flächentarifs entscheidet sich an
der Frage, ob wir die betriebliche Tariffähigkeit sichern und neu
herstellen können",
sagt der Bezirksleiter von
Nordrhein-Westfalen, Detlef Wetzel. "Diese doppelte Strategie
funktioniert nur, wenn wir einen gemeinsamen Plan haben. Den haben wir
zwar nicht, aber wir werden ihn in den nächsten Monaten entwickeln."
Den ersten Schritt hat IG-Metall-Chef Peters auf der Konferenz in
Mannheim getan.
Artikel erschienen am Sa, 22. Oktober 2005 © WELT.de 1995 – 2005

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