Germania, gruppi, Usa Die Welt 06-01-05
Deutsche Unternehmen kaufen wieder gern in Amerika ein
BASF wagt erste feindliche Übernahme
von Jan Dams und Karsten Seibel
Frankfurt/Main – Die deutschen Großkonzerne strotzen im neuen Jahr vor Selbstbewußtsein. Kaum hatte der Stahlriese ThyssenKrupp sein Übernahmeangebot für den kanadischen Konkurrenten Dofasco aufgebessert, schlug mit dem Chemieriesen BASF der nächste Dax-Konzern in Nordamerika zu. Mit einem Volumen von gut fünf Mrd. Dollar wäre das die größte feindliche Übernahme, die ein deutsches Unternehmen jenseits des Atlantiks bislang wagte.
Glaubt man den Investmentbanken, werden sich in diesem Jahr auch noch andere Konzerne auf Einkaufstour begeben. "Deutsche Unternehmen denken weiterhin über strategische Übernahmemöglichkeiten nach", sagte Dieter Turowski, verantwortlich für Fusionen und Übernahmen (M&A) bei der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley in Deutschland. Ähnlich sehen es Kollegen anderer Investmentbanken: "Ich erwarte in diesem Jahr ein anhaltendes Interesse deutscher Unternehmen an M&A-Transaktionen, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus", sagt Thomas Schwingeler von der Deutschen Bank. "Der Trend des vergangenen Jahres wird damit anhalten."
Damit könnten erstmals seit 2001 deutsche Gesellschaften wieder genauso viel im Ausland zukaufen wie ihre ausländischen Wettbewerber hierzulande, sagt Holger Bross von Merrill Lynch. Zwar hatten die Ausländer im Vorjahr noch einen großen Vorsprung. Sie kauften für rund 72 Mrd. Dollar Beteiligungen an deutschen Unternehmen. Allein die Übernahme der HypoVereinsbank durch die italienische UniCredit schlägt allerdings mit rund 18 Mrd. Dollar zu Buche. Im Gegenzug verdoppelten die Deutschen ihr Transaktionsvolumen im Ausland auf knapp 48 Mrd. Dollar.
Aufsehen erregten 2005 vor allem der Kauf des britischen Logistik-Unternehmens Exel durch die Deutsche Post für stolze 7,3 Mrd. Dollar. Der Herzogenauracher Sportartikelhersteller Adidas übernahm mit Reebok einen der größten Konkurrenten auf dem hart umkämpften Markt. Der Dialysespezialist Fresenius Medical Care aus Bad Homburg kaufte die amerikanische Renal Care Group.
Allerdings handelte es sich bei diesen drei große Transaktionen um freundliche Übernahmen. Das heißt, das Management der übernommenen Firma stimmte dem Deal zu. Anders jetzt bei der geplanten Übernahme von Engelhard durch die BASF. Die von der US-Investmentbank Merrill Lynch beratene Engelhard verweigert derzeit Gespräche mit dem BASF-Management. Bislang wäre das nach Zahlen des Datenanbieters Thomson Financial die drittgrößte feindliche Übernahme eines amerikanischen Unternehmens durch einen Europäer. Größer waren bisher nur die Akquisitionen von Bestfoods durch die niederländische Unilever im Jahr 2000 für fast 24 Mrd. Dollar sowie der Kauf von Pillsbury durch Grand Metropolitan für 7,2 Mrd. Dollar.
Unter den eine Transaktion begleitenden Investmentbankern führt die Debatte um feindliche Übernahmen jedoch eher zu Kopfschütteln: "Am Ende geht es dem Management eines Unternehmens, das sich gegen einen feindlichen Übernahmeversuch wehrt, doch nur darum, die eigenen Privilegien zu erhalten", sagt ein erfahrener Frankfurter Kapitalmarktexperte. "Entscheidend sind aber nur die Aktionäre."
Artikel erschienen am Don, 5. Januar 2006
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