Germania, pol. interna, Sinistra, mercato lavoro, elezioni Die Welt 05-07-28
L’esperimento della Germania Est vissuto da Gysi ha avuto come risultato che alla fine ottobre 1989 il comitato centrale della Sed ha dichiarato la bancarotta statale, accompagnato da un crollo del tenore di vita del 25-30%.Die Welt 05-07-28
<0411188">Gysis Reformpolitik und die wirtschaftliche Realität
Sollte das Wahlprogramm der Linkspartei umgesetzt werden, könnte die Zahl der Arbeitslosen nach Berechnungen der Wirtschaft auf 10 Millionen steigen
von Uwe Müller und Cornelia Wolber
Gregor Gysi sagt in einer Minute so viel wie Angela Merkel in fünf. Das kann nerven. Zumal wenn der Frontmann der Linkspartei gleich eine ganze Stunde lang redet. So wie am Mittwoch, als er im überfüllten Konferenzsaal der Berliner PDS-Zentrale das Konzept seiner Partei zur Lösung der drängenden Probleme in Ostdeutschland vorträgt. So viel zum Thema Aufbau Ost ist CDU-Chefin Merkel vermutlich während der gesamten letzten zwölf Monate nicht über die Lippen gekommen.
Dabei hält sich der Wortakrobat Gysi kaum mit Details auf. Ihm geht es um das große Ganze: "Wir brauchen eine andere Diskussion, andere Kultur, ein anderes Klima!" Hartz IV? "Ein völlig falscher Ansatz! Gleiches wird man einmal von der Agenda 2010 sagen." Politische Veränderungen? Ja, aber richtig, mit der Tabula-rasa-Methode: "Ich behaupte, wir sind nicht gegen Reformen. Wir wollen die radikalsten Reformen überhaupt."
Pech nur, daß das Programm kaum Zuspruch findet. Selbst die zwölf Prozent, die laut Umfragen das Linksbündnis wählen würden, glauben den Versprechen nicht. "Sie wollen den anderen Parteien nur eins auswischen", sagt Parteienforscher Peter Lösche.
Dieser Protest kommt den Standort teuer zu stehen. Nach ersten Berechnungen des Bundesfinanzministeriums führt das Programm "zu Mindereinnahmen und Mehrausgaben", die insgesamt einen erheblichen zweistelligen Milliardenbetrag ergeben können". Die notwendigen Reformen würden nicht mehr vorankommen, Deutschland ein Hochsteuerland bleiben, warnt Wolfgang Franz, Mitglied des Sachverständigenrates. "Sollte das realitätsferne Wahlprogramm der Linkspartei umgesetzt werden, werden sich die Arbeitslosenzahlen auf die Zehn-Millionen-Marke hinbewegen", prophezeit der Präsident des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven.
Arbeitsmarkt
Die Linkspartei fordert eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I. Das würde die Bundesagentur für Arbeit acht Milliarden Euro mehr kosten. Die geplante Anhebung des Arbeitslosengeldes II von jetzt 345 Euro im Westen und 331 Euro im Osten auf einheitlich 420 Euro schlägt beim Bund mit drei Milliarden Euro zu Buche. Durch den gesetzlich geforderten Mindestlohn von 1400 Euro brutto pro Vollzeitbeschäftigter und die Senkung der Wochenarbeitszeit auf 30 Stunden erhöhen sich die Lohnkosten. Das verstärkt den Rationalisierungsdruck.
Steuern
Der Grundfreibetrag der Einkommensteuer soll auf 12 000 Euro, der Spitzensatz für Einkommen ab 60 000 Euro auf 50 Prozent steigen. Das kostet die öffentlichen Haushalte 34 Milliarden Euro. Die Vorschläge sind nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums größtenteils Luftbuchungen. Die Streichung des Ehegattensplittings etwa bringt statt der angesetzten 12,5 lediglich eine Milliarde Euro. Die Pläne zur Unternehmens- und Kapitalbesteuerung würden Investitionen ins Ausland verlagern.
Rente
Nach 30 Beitragsjahren soll die Mindestrente 800 Euro betragen . Das kostet bis zu zehn Milliarden Euro. Entsprechend der jährlichen Lohnerhöhung um drei Prozent sollen auch die Renten steigen. Das Renteneintrittsalter von 65 soll nicht erhöht werden. Die Forderung steht im krassen Gegensatz zur herrschenden Meinung, wonach Minusrunden und die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre unausweichlich sind.
Entsprechend vernichtend ist das Fazit des Chefökonomen der Allianz-Gruppe, Michael Heise: "Die sozialpolitisch motivierte Umverteilungspolitik würde zu einer Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik führen und der Standort damit weiter ins Hintertreffen geraten." Gysi hält dagegen. Die neoliberalen Vorstellungen, die von der Wirtschaftswissenschaft zu 80 Prozent geteilt wü
rden, seien endgültig gescheitert. Da sei ein Experiment endgültig an sein Ende gekommen. Der Anwalt, der in der Westberliner Fasanenstraße in einer feinen Kanzlei residiert, gehört seit 15 Jahren der PDS an. Zuvor war er 23 Jahre in der SED.
Als Mitglied der DDR-Staatspartei hat Gysi noch den Anfang eines Experimentes miterlebt, von dem seine Erfinder sagten, es basiere auf wissenschaftlichen Prinzipien – die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik", die Anfang der Siebziger unter Erich Honecker beschlossen wurde.
Dank des neuen ökonomischen Kurses stieg der Wohlstand der Bevölkerung enorm. Mieten wurden gesenkt, Arbeitszeiten verkürzt, die Kinderbetreuung ausgebaut. Doch der "Wohlfahrtssozialismus" stand auf tönernen Füßen, weil es mit der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik nie weit her war: Verteilt wurden Wohltaten, die zuvor nicht erwirtschaftet worden waren.
Der Ausgang zumindest dieses Experiments ist bekannt. Ende Oktober 1989 stellte das Zentralkomitee der SED auf einer Krisensitzung den Staatsbankrott fest. Selbst "eine Senkung des Lebensstandards um 25 bis 30 Prozent" , so vermerkt das Protokoll, helfe in dieser Lage nicht mehr weiter.
Artikel erschienen am Do, 28. Juli 2005 © WELT.de 1995 – 2005