AIUTI ALLO SVILUPPO – “OGNI MESE MUOIONO 150 000 BAMBINI PER UN SILENZIOSO TSUNAMI”

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Intervista a Jeffrey Sachs, professore di economia alla Columbia University, che si è messo a disposizione dell’ Onu come incaricato per il “Programma del millennio” che si pone lo scopo di dimezzare entro il 2015 il numero delle persone molto povere e che patiscono la fame.

[Gli aiuti per l’Indonesia andranno a discapito di altri paesi?]

Non sono paragonabili le cifre destinate all’Asia e quelle necessarie per l’Africa: alcuni miliardi di dollari per le vittime del maremoto contro le decine di miliardi necessarie per realizzare gli obiettivi del Millennio.

Ogni mese muoiono per malaria o fame, quello che io chiamo il “silenzioso tsunami”, 150 000 bambini, se non di più.

Esistono soluzioni alla miseria: innanzitutto denaro. Occorre ricostruire la storia degli aiuti allo sviluppo per spiegare come mai ci sono esempi di paesi africani, come la Tanzania, che hanno sempre ricevuto aiuti sopra la media, ma il cui reddito pro-capite è da anni stagnante. Gli aiuti sono serviti però a migliorare il sistema sanitario, educativo e a diminuire il tasso di analfabetismo.

In una prima fase i paesi poveri hanno ricevuto enormi somme, ma come prestiti, non come sussidi. Ciò ha contribuito a gettarli in una crisi debitoria. Poi li si è obbligati ad attuare un programma di aggiustamento strutturale; la Tanzania ad esempio dovette ridurre la spesa statale, e ciò ha portato a far regredire drasticamente la qualità delle infrastrutture, del sistema educativo sanitario. Si pensava che bastasse liberalizzare i mercati e stringere la cinghia perchè i paesi poveri riuscissero a ripagare i debiti.

Siamo giunti alla conclusione che i paesi poveri ricevono troppo poco denaro. Un tipico paese africano riceve mediamente pro-capite circa $25 di aiuti allo sviluppo, una somma che non basta affatto.

Calcoliamo che mediamente ci vogliano $110 pro-capite per finanziare misure infrastrutturali, scuole, reti contro la malaria e altri aiuti necessari alla sopravvivenza.

Da soli i paesi poveri non ce la fanno, questa somma costituisce circa il 30% del loro Pil . In alcuni paesi le entrate fiscali sono solo il 15% del Pil , per cui hanno dovuto partecipare al finanziamento di questi $110 pro-capite, ma rimane un disavanzo di circa $65. Gli aiuti allo sviluppo come abbiamo detto sono di $25 pro-capite; rimangono ancora $40-50 pro-capite.

Per i paesi ricchi ciò significa un contributo dello 0,5% del loro Pil , che basterebbe per realizzare gli obiettivi del Millennio. Se poi si tiene conto di altre necessarie misure di aiuto, arriviamo allo 0,7% concordato. Ma solo pochi paesi lo stanno rispettando.

  • La Germania si è pronunciata a favore e ha deciso di raggiungere questo 0,7% di finanziamento, l’ Onu chiede solo che rispetti quanto promesso. È pur vero che la Germania ha problemi di bilancio derivati dalla sua riunificazione: dovrebbe, come tutta l’Europa, stabilire un calendario per raggiungere entro il 2015 questo obiettivo dello 0,7%.

[La Germania versa circa il $% del suo Pil per la ripresa dei nuovi Land, ma nonostante ciò l’economia non parte.]

Ritengo non bastino gli aiuti finanziari, ci vogliono anche mutamenti sociali e culturali, come il riconoscimento dei diritti delle donne.

Gli investimenti nei Pvs sono troppo ristretti per stare al passo con la crescita demografica; di conseguenza aumenta la povertà. La tragedia è che sono proprio i paesi più poveri ad avere i maggiori tassi di sviluppo demografico. Se però investiremo di più in questi paesi diminuirà anche la crescita della popolazione.

I successi economici della Cina e dell’India sono in gran parte il risultato di una rivoluzione verde, avvenuta 30-40 anni fa’. Ad esempio, la Rockfeller Foundation pose le basi che hanno consentito lo sviluppo economico e tecnologico nell’agricoltura. Oggi abbiamo bisogno di questa rivoluzione verde anche in Africa. I paesi ricchi non devono dimenticare di aver anch’essi ricevuto aiuto da altri paesi nella loro storia.

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<94095653"/><94061655"> Entwicklungshilfe – „Am stillen Tsunami sterben jeden Monat 150.000 Kinder”

20. Januar 2005 – Jeffrey Sachs widerlegt das Vorurteil, nach dem Ökonomen kaltherzig sind. Der Wirtschaftsprofessor der Columbia-Universität hat sich in die Dienste der Vereinten Nationen gestellt. Als Millenniumsbeauftragter reist er durch die Welt, um für das gleichnamige Aktionsprogramm zu werben. Es sieht unter anderem vor, den Anteil der extrem armen Menschen und Hungernden bis zum Jahr 2015 zu halbieren.

Herr Sachs, wird die Hilfe für die von der Flutwelle betroffenen Länder zu Lasten der Millenniumsziele der Vereinten Nationen gehen?

Die Flutwelle hat den Menschen die Augen geöffnet, wie wichtig Hilfe ist und daß die reichen und armen Länder zusammenhängen. Sie hat auch den Menschen die mit den Millenniumszielen verbundenen Herausforderungen aufgezeigt.

Nochmals: Wird die Hilfe für Indonesien nicht auf Kosten anderer Länder geleistet?

Kurzfristig ist es möglich, daß Gelder umgelenkt werden. Aber die Summen, um die es in Asien und in Afrika geht, können nicht miteinander verglichen werden. Die Hilfe für die Flutopfer macht wenige Milliarden Dollar aus. Um die Millenniumsziele zu verwirklichen, brauchen wir zusätzliche Gelder im höheren zweistelligen Milliardenbereich.

Braucht die Menschheit stets Katastrophen, um auf die armen Länder aufmerksam zu werden?

Auf der Welt gibt es viele Menschen, die von Malaria geplagt werden oder die hungern. Sie erscheinen auf keinem Bildschirm. Ich nenne das den stillen Tsunami. Jeden Monat sterben in Afrika so viele Kinder an Malaria, wie Menschen bei der Flutwelle ums Leben kamen: 150000 Kinder, wenn nicht sogar mehr. Dabei gibt es Lösungen für das Elend.

Sie fordern vor allem mehr Mittel für die armen Länder. Es gibt aber gerade in Afrika genügend Beispiele für Länder, denen wie Tansania stets überdurchschnittlich geholfen wurde, aber deren Pro-Kopf-Einkommen seit Jahrzehnten stagniert.

In Tansania hat sich die Entwicklungshilfe positiv auf das Gesundheitswesen, die Bildung und die Verringerung der Analphabetenrate ausgewirkt. Man muß zudem die Historie sehen. Erst erhielten die armen Länder erhebliche Mittel, aber nicht als Zuschüsse, sondern als Darlehen. Das hat auch mit dazu beigetragen, daß diese Länder in eine Verschuldungskrise geraten sind. Dann hat man den armen Ländern Strukturanpassungsprogramme aufgezwungen. Beispielsweise hatte Tansania seine Ausgaben zu kürzen. Als Folge davon ist dort die Qualität der Infrastruktur, der Bildung und des Gesundheitswesens drastisch zurückgegangen. Nach den damaligen Vorstellungen reichte es aus, die Märkte zu liberalisieren und den Gürtel enger zu schnallen, um die armen Länder in die Lage zu versetzen, ihre Schulden zurückzuzahlen. Das war falsch, wie sich gezeigt hat. Die Krise verschärfte sich, die Aids-Epidemie weitete sich aus, das Leiden wuchs.

Hat nicht in den vergangenen vier, fünf Jahren ein Umdenken stattgefunden?

Genau, man hat erkannt, daß Schulden erlassen werden müssen und die finanzielle Entwicklungshilfe ausgebaut werden muß. Unsere Ausgangsfrage bei den Vereinten Nationen war: Ist die Entwicklungshilfe verschwendet worden, oder ist sie nur falsch eingesetzt worden? Wir kamen zu dem Ergebnis, daß die von Armut betroffenen Länder zuwenig Gel
d erhalten. Ein typisch afrikanisches Land bekommt durchschnittlich je Kopf rund 25 Dollar Entwicklungshilfe. Das reicht auf jeden Fall nicht. Deshalb brauchen wir mehr Geld.
Wenn ein Feuerwehrmann allein ein brennendes Wohnviertel nicht löschen kann, dann sollte man mehr Feuerwehrleute zur Brandstelle schicken. Das gilt auch für die Entwicklungshilfe.

Was heißt das konkret?

Für uns ist von Interesse, was wir benötigen, um die Millenniumsziele zu verwirklichen. Unsere Berechnungen haben ergeben, daß man durchschnittlich je Kopf 110 Dollar braucht, um Infrastrukturmaßnahmen, Schulen, Malarianetze und andere überlebenswichtige Hilfen zu finanzieren. Dies können die armen Länder nicht allein, da dieser Betrag rund 30 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts entspricht. In manchen Ländern betragen die Steuereinnahmen nur 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dennoch sollten sich diese Länder an der Finanzierung dieser 110 Dollar je Kopf beteiligen. Trotzdem bleibt eine Finanzierungslücke von rund 65 Dollar, die es zu schließen gilt. Augenblicklich liegt die Entwicklungshilfe bei 25 Dollar pro Kopf. Es bleibt also eine Lücke von 40 bis 50 Dollar je Kopf.

Was heißt das für die reichen Länder?

Die reichen Länder sollten zunächst 0,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen. Das würde reichen, um die Millenniumsziele zu verwirklichen. Berücksichtigt man zusätzlich weitere notwendige Hilfsmaßnahmen, dann sind wir bei den vereinbarten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das halten bisher nur sehr wenige Länder ein.

Wie sehen Sie die Rolle Deutschlands?

Die deutsche Regierung hat sich zu den Millenniumszielen bekannt und entwirft auch gute entwicklungspolitische Konzepte. Sie hat sich auch dazu bekannt, das Finanzierungsziel von 0,7 Prozent zu erreichen. Die Vereinten Nationen fordern von Deutschland nur das, was die Bundesregierung versprochen hat. Worte und gute Wünsche reichen nicht aus. Allerdings sehe ich, daß Deutschland wegen der deutschen Einheit noch Budgetprobleme hat. Daher sollte Deutschland, aber auch ganz Europa einen Zeitplan vorlegen, wie sie bis zum Jahr 2015 das Ziel von 0,7 Prozent erreichen wollen.

Was passiert, wenn sich in den Industrieländern nichts ändert?

Die Investitionen in den Entwicklungsländern sind zu gering, um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. Als Folge davon vergrößert sich die Armut, nimmt die Umweltzerstörung zu und breiten sich Krankheiten aus. Die Tragödie der ärmsten Länder besteht darin, daß gerade sie die höchsten Bevölkerungswachstumsraten aufweisen. Wenn wir jedoch mehr Geld in diese Länder investieren, dann wird auch das Bevölkerungswachstum zurückgehen.

Was halten Sie von dem Schlagwort “Handel, nicht Hilfe”?

Das ist ein unpassender Spruch, der nichts mit der Wirklichkeit gemein hat. Sowohl Handel als auch Entwicklungshilfe werden benötigt. Die ärmsten Länder müssen ihre Infrastruktur aufbauen, um am Handel teilnehmen zu können.

Deutschland leistet Transferzahlungen von rund 4 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für den Aufbau in den neuen Bundesländern, und trotzdem springt dort die Wirtschaft nicht an.

Ich stimme Ihnen zu, daß finanzielle Hilfe alleine nicht ausreicht, um die Armut zu besiegen. Hand in Hand mit der Entwicklungshilfe wird es auch soziale und kulturelle Veränderungen geben, etwa die Anerkennung der Rechte der Frauen. Doch wir fordern von der deutschen Regierung auch nicht, daß sie die Lebensverhältnisse in Tansania in den nächsten fünfzehn Jahren auf das deutsche Niveau bringt. Wir wollen nur, daß die ärmsten Länder die Möglichkeit erhalten, sich zu entwickeln. Und das muß finanziell unterstützt werden.

Die hohen Wachstumsraten in Ländern wie China und Indien sind nach Meinung von Fachleuten das Resultat einer erfolgreichen Politik in diesen Ländern und nicht das Ergebnis der Entwicklungshilfe.

Das stimmt so nicht. Die wirtschaftlichen Erfolge Chinas und Indiens sind in großem Maße das Ergebnis einer grünen Revolution, die in diesen Ländern vor rund 30 bis 40 Jahren stattgefunden hat. Die Grundlage hierfür hat beispielsweise die Rockefeller-Stiftung geschaffen, die wissenschaftliche und technologische Entwicklung in der Landwirtschaft stark unterstützt hat. Diese grüne Revolution brauchen wir jetzt auch in Afrika. Die reichen Länder sollten nicht vergessen, daß sie in ihrer Geschichte auch Hilfe von anderen Ländern erhalten haben.

In Deutschland ist eine Diskussion im Gange, ob China und Indien weiterhin Entwicklungshilfe erhalten sollten. Sollte sich Deutschland künftig auf andere Länder konzentrieren?

Ja. Jedes Land sollte die Entwicklungshilfe erhalten, die es benötigt. China benötigt keine Entwicklungshilfe mehr. China sollte vielmehr in Zukunft nicht mehr Empfängerland, sondern Geberstaat sein. Indien wird in diesem Jahrzehnt noch Hilfe benötigen, doch das Land befindet sich auf einem guten Weg.

Trotzdem leben in China noch sehr viele arme Menschen.

Das stimmt. Doch die Zahl der Armen geht rasch zurück. Dieses Land braucht keine Hilfe mehr. Dagegen nimmt die Zahl der Armen in Afrika dramatisch zu. Allerdings sollte man schlecht regierten Ländern wie Zimbabwe nicht helfen. In Afrika gibt es jedoch viele Länder, die nichts besitzen und dennoch gut regiert werden.

Das Gespräch führten Matthias Müller und Manfred Schäfers

Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.01.2005, Nr. 16 / Seite 13

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