Afghanistan – Progetto edilizio gratuito per il comandante talebano
● Una quota delle spese per i progetti va a coloro che sono al potere localmente, e in tal modo gli aiuti allo sviluppo occidentali alimentano indirettamente la guerra.
● Quando le imprese pagano la protezione richiesta dai ribelli c’è il rischio che il danaro venga usato per armi o per pagare guerriglieri;
● se non pagano, c’è il rischio che la ricostruzione per la quale sono stati investiti milioni di € investiti non possa essere realizzata per mancanza di sicurezza.
● In ogni caso occorre migliorare le condizioni di vita della popolazione per sottrarre terreno di coltura ai ribelli.
– Da tempo è noto che nel Sud e nell’Est Afghanistan, i ribelli chiedono la protezione alle imprese del settore sicurezza, costruzioni e logistica.
– Con il peggioramento della sicurezza nel Kundus e nella provincia confinante di Baghlan, ora anche nel Nord i gruppi al potere chiedono denaro per la protezione alle imprese edili.
– I costi per la sicurezza, non previsti in precedenza, vengono poi inclusi nei bilanci; si calcola che nel Nord il 2-3% dei costi per i progetti edilizi finiscano ai detentori del potere locale, quota molto superiore nel Sud e nell’Est, da anni controllati dai ribelli, la quota estorta dai talebani raggiungerebbe il 20%. Così la situazione della sicurezza si riflette anche sui prezzi, una strada nella provincia orientale di Paktia, ad es., costa circa 3 volte una simile nel Kundus.
– Le estorsioni per la protezione avvengono per tutte le organizzazioni umanitarie, ma nessuna ne parla. In caso di mancato pagamento vengono bruciati veicoli o materiali, o minacciati i lavoratori.
– I pagamenti non avvengono in denaro contante ma (ad esempio per una società di sicurezza privata) in contratti per personale di guardia.
– C’è chi tra i direttori dei lavori propone di non avviare più alcuna opera nei territori non sicuri, e di sospendere quelle iniziate.
– Ma la concentrazione degli aiuti allo sviluppo nelle aree più sicure contrasta con la strategia di stabilizzazione ISAF (ripulire, mantenere la sicurezza, ricostruire).
– I progetti di aiuti dovrebbero far sì che la popolazione impedisca ai ribelli di infiltrarsi di nuovo. Molte imprese edili vedono nella fiducia della popolazione locale la loro migliore difesa; una impresa afghana ad es. non usa macchinari ma cerca di creare localmente il maggior numero possibile di posti di lavoro.
Nell’area di Baghlan ci sono guerriglieri del gruppo islamista radicale Hizb-e Islami di Gulbuddin Hekmatyar, che da due mesi chiedono $4000 per il progetto edilizio, che è stato sospeso, in attesa che Hekmatyar torni da Dubai.
Afghanistan – Gratis-Bauplan für den Taliban-Kommandeur
Von Friedrike Böge, Kabul
– Neulich hat Mansur Omar einen Bauplan für einen Talibankommandeur aus Kundus erstellt. „Meine Frau soll mir das Essen aus der Küche bringen, ohne über den kalten Hof laufen zu müssen“, hatte der bärtige Dschihadist gefordert. Für afghanische Verhältnisse ist das ein fortschrittliches Anliegen, denn in traditionellen Häusern befindet sich die Küche außerhalb des Hauptgebäudes. Für die Skizze hat der Bauingenieur natürlich kein Honorar berechnet – schließlich gilt es, die Beziehungen zu den Taliban zu pflegen. „Wer in einem gefährlichen Gebiet wie Chardara arbeitet, muss gute Verbindungen zu den Machthabern unterhalten“, sagt Omar.
Manchmal lässt der Ingenieur Taliban-kämpfer in seinem Büro übernachten, wenn sie in der Stadt Kundus zu tun haben. Den Neffen eines lokalen Aufstandsführers beschäftigt er als Wächter. „Weil ich Informationen aus der Region brauche.“
– Omars Chef hat seine politischen Beziehungen spielen lassen, um einen lokalen Talibanführer aus dem Gefängnis freizupressen. Im Gegenzug nutzt dieser nun seine Verbindungen zu führenden Aufständischen in Pakistan, um Omar und seine Bauarbeiter vor Angriffen zu bewahren.
– Trotzdem hat der Ingenieur in Kundus auch schon einmal Schutzgeld bezahlt: 10.000 Dollar. „Die guten Taliban kann man mit dem Argument überzeugen, dass das Projekt den Menschen nützt. Die schlechten muss man bezahlen“, sagt Omar, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, weil sein Auftraggeber – eine westliche Hilfsorganisation – sonst seinen Vertrag kündigen würde.
– Aus dem Süden und Osten des Landes, wo die Sicherheitslage noch schlechter ist, ist seit längerem bekannt, dass Aufständische von Sicherheits-, Bau- und Logistikunternehmen Schutzgelder erpressen.
– Seit sich die Lage in Kundus und der angrenzenden Provinz Baghlan massiv verschlechtert hat, werden nun auch im Norden immer mehr Baufirmen mit Geldforderungen von lokalen Machthabern konfrontiert. Mehrere afghanische Unternehmer klagen darüber, wenngleich die meisten angeben, darauf bislang nicht eingegangen zu sein.
– Nach Rücksprache mit dem ausländischen Projektleiter habe er abgelehnt, sagt einer. Kurz darauf wurden die Baumaßnahmen aus Sicherheitsgründen für fünf Monate auf Eis gelegt. In der Zwischenzeit hatten sich die Bewohner der umliegenden Dörfer bewaffnet und die Taliban aus dem Gebiet vertrieben. Doch nun hat der Unternehmer ein anderes Problem: Statt einer Islamistengruppe hat er es nun mit vier räuberischen Milizen zu tun, die ebenfalls Geld verlangen. Um sie gnädig zu stimmen, hat der Bauunternehmer sich bereit erklärt, einige ihrer Anhänger als Arbeiter einzustellen. Zudem hat er von einem der Milizionäre ein Auto angemietet.
– So nähren westliche Hilfsgelder indirekt den Krieg. Wenn die Firmen zahlen, besteht die Gefahr, dass Aufständische oder Kriminelle davon Waffen kaufen oder Kämpfer anheuern. Wenn sie nicht zahlen, besteht die Gefahr, dass Millionen von Euro in Bauruinen investiert wurden, die aus Sicherheitsgründen nicht fertig gestellt werden konnten.
– Eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung ist aber nötig, um dem Aufstand den Nährboden zu entziehen.
Ein Entwicklungshelfer aus dem Westen, der ein Projekt in der Provinz Baghlan leitet, hat sichtlich schwer mit diesem Dilemma zu kämpfen. „Sollen wir ein Projekt, von dem 30.000 Menschen profitieren, kurz vor dem Ende abbrechen?“, fragt er. Andererseits: „Wer weiß schon, ob sich mit dem Geld nicht ein Selbstmordattentäter seine Bombe baut?“
– Vor gut einem Jahr wurde der Mann erstmals von einem afghanischen Bauunternehmer mit der Frage konfrontiert: zahlen oder nicht zahlen? Damals lehnte der Mann noch empört ab. Inzwischen spricht er von „kreativen Lösungen“ oder „Grauzonen“ und nimmt in Kauf, dass manche seiner lokalen Vertragspartner die nicht vorgesehenen Kosten für die Sicherheit in ihren Bilanzen verschleiern. „Ich bin mir sicher, dass das bei allen Hilfsorganisationen passiert, aber niemand will darüber sprechen“, sagt der Aufbauhelfer, der schätzt, dass im Norden Afghanistans etwa zwei bis drei Prozent der Projektausgaben an lokale Machthaber fließen.
Laufende Unternehmungen müssen abgeschlossen werden
– Im Süden und Osten des Landes, wo viele Gebiete schon seit Jahren von Aufständischen kontrolliert werden, liegt der Anteil offenbar deutlich höher. Nach Recherchen der Journalistin Jean MacKenzie geben Unternehmen in den unsichersten Gebieten bis zu 20 Prozent ihrer Vertragssumme an die Taliban ab. So schlägt sich die Sicherheitslage auch auf die Preise nieder: Eine Straße in der ostafghanischen Provinz Paktia kostet etwa dreimal so viel wie die gleiche Straße in Kundus.
– Der Projektleiter aus Baghlan schlägt daher vor, keine neuen Projekte mehr in unsicheren Gebieten zu beginnen. Laufende Unternehmungen müssten abgeschlossen werden – auch wenn ein Teil des Geldes in falsche Hände geraten sollte. „Wer ganz und gar sauber bleiben will, der sollte in Afghanistan nicht arbeiten“, sagt er.
– Eine Konzentration der Entwicklungshilfe auf die sicheren Regionen des Landes würde allerdings der Stabilisierungsstrategie der Schutztruppe Isaf widersprechen. „Clear, hold, build“ heißt es bei den Militärs. Zuerst sollen die Aufständischen mit Waffengewalt aus einem Gebiet vertrieben werden, dann soll die afghanische Polizei die Sicherheit aufrechthalten, und dann sollen die Entwicklungshelfer kommen. So viel zur Theorie. Dahinter steht die Annahme, Hilfsprojekte könnten die Bevölkerung dazu bewegen, ein abermaliges Einsickern der Aufständischen zu verhindern. Im Unruhedistrikt Chardara allerdings, für den die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen eigenen Entwicklungsfonds eingerichtet hatte, hat sich dies bislang nicht bestätigt.
Der wichtigste Schutz
– Viele Bauunternehmen bekräftigen, das Vertrauen der lokalen Bevölkerung sei ihr wichtigster Schutz. „Die Leute müssen das Gefühl haben, dass sie nicht für uns, sondern für sich selbst arbeiten. Dann werden sie das Projekt auch schützen“, sagt ein afghanischer Bauunternehmer. Deshalb nutze das Unternehmen kaum Maschinen, sondern bemühe sich, möglichst viele Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen. Zudem sei er selbst regelmäßig auf der Baustelle, um Fragen zu beantworten und auf Änderungswünsche der Anwohner eingehen zu können. „Manche Firmen folgen einfach dem Bauplan, ohne die Bevölkerung zu konsultieren. Das ist gefährlich“, sagt er.
– Einer seiner Konkurrenten hat vor kurzem einen Brief von den Aufständischen bekommen. Einen aus einem Notizblock herausgerissenen Zettel, der vom stellvertretenden „Taliban-Gouverneur“ von Baghlan, Maulawi Naim, unterzeichnet ist. Auch Maulawi Ghulam Mustafa, der Leiter der Talibankommission, die in der Provinz für die Politik der radikalen Islamisten zuständig ist, hat unterzeichnet. „Mit Hilfe der Mudschahedin-Brüder haben die Ingenieure das Projekt wieder angefangen“, steht auf dem Zettel geschrieben. „Sie sollen frei ihre Arbeit tun können.“
„So werden in diesem Land nun mal Geschäfte gemacht.“
– Das Dokument hat der Unternehmer mit Hilfe der lokalen Bevölkerung bekommen, die ihn gedrängt hat, die Bauarbeiten trotz Drohungen fortzuführen. Leider gibt es in dem Projektgebiet aber auch Kämpfer der radikalen islamistischen Hizb-e Islami Gulbuddin Hekmatyars. Sie fordern seit zwei Monaten 4000 Dollar. Der Bauunternehmer hält sie seitdem hin. Er müsse warten, bis sein Chef aus Dubai zurück sei, erklärte er ihnen. In vier Monaten sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein.
– Ein Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, die westliche Hilfsorganisationen berät, lässt keinen Zweifel daran, dass der Unternehmer zahlen muss. Andernfalls würden seine Baufahrzeuge oder Materiallieferungen in Brand gesteckt oder seine Mitarbeiter bedroht. Meistens werde das Schutzgeld nicht in bar, sondern in Form gut dotierter Verträge für Wachpersonal ausgezahlt, sagt der Sicherheitsfachmann. So stelle dann die gleiche Gruppe, die das Projekt bedroht, den Wachschutz. „So werden in diesem Land nun mal Geschäfte gemacht. Und das nicht erst, seit es die Taliban gibt.“